5. Römer

Die Bernsteinstraße

Wenn von der Bernsteinstraße oder der Bernsteinroute die Rede ist, wird meistens eine römische Straßenverbindung, die von der oberen Adria bis ins Baltikum führte, gemeint. In Wirklichkeit handelte es sich aber um verschiedene Straßen und Verkehrswege, die zumindestens zum Teil nicht erst in der römischen Kaiserzeit, sondern bereits früher angelegt und genutzt wurden. Der römische Schriftsteller Plinius der Ältere berichtet vom Handel mit Bernstein, der von der Ostsee durch das Gebiet der Germanen nach Pannonien und weiter bis an die Adria gehandelt worden sei. Für die Römer waren Straßenverbindungen auch aus militärischen Gründen von großer Bedeutung, da es wichtig war, dass Legionen rasch auch die weiter entfernten Regionen des Imperiums erreichen konnten. Das Stadtgebiet von Flavia Solva reichte im Süden bis unmittelbar an das Stadtgebiet von Celeia und im Südosten an Poetovio, zwei Städte die sich beide an der sog. Bernsteinroute befanden. Poetovio (heute Ptuj) war von besonderer Bedeutung, da dort in der Zeit des Kaisers Augustus eine Legion (die legio VIII Augusta) stationiert war. Mit der Legion kamen immer auch Kaufleute in die Region, in weiterer Folge wohl auch Architekten, Bildhauer, später auch Veteranen, die sich nach ihrer Dienstzeit in der Umgebung ansiedelten.

Anmerkungen:
Sonja Jilek – Verena Gassner – Sabine Ladstätter, S. Jilek – V. Gassner – S. Ladstätter, Am Rande des Reiches : die Römer in Österreich, Österreichische Geschichte 15 v. Chr. - 378 n. Chr. = Erg.-Bd. 2., Wien 2002.
Verlauf der Bernsteinstraße (Karte: DI Richard Resch)
Verlauf der Bernsteinstraße (Karte: DI Richard Resch)


Römische Tracht

In der römischen Kaiserzeit bestand die Bevölkerung einerseits aus den Personen, die keltischer Abstammung waren, oft auch noch keltische Namen trugen und ältere Traditionen bewahrten, andererseits aus zugewanderten Menschen, die meistens aus Oberitalien kamen, und die bereits lange das römische Bürgerrecht besaßen. Ein Element, in dem sich die Tradition und manchmal auch die kulturelle Zugehörigkeit ausdrücken, ist die Tracht. Eine wichtige Quelle sind dafür die Grabsteine, auf denen oft Ehepaare dargestellt sind. Auffallend ist, dass auf diesen Darstellungen die Männer immer mit der typisch römischen Tracht – der Toga – abgebildet sind, wohingegen Frauen häufig eine einheimische Tracht tragen. Diese besteht aus einem Untergewand, das meistens langärmelig war, sowie einem Übergewand, das durch mehrere Gewandnadeln (Fibeln) zusammengehalten wurde. Zu dieser Frauentracht zählte auch die sog. norische Haube, die in mehreren unterschiedlichen Varianten verbreitet war. Im Gegensatz zu diesem Gewand, das wohl ältere vorrömische (also keltische) Elemente bewahrt hatte, war die Toga eine Kleidung, die auch in Rom von Angehörigen der Oberschicht getragen wurde.
Grabrelief des Caius Trebonius (O. Harl / lupa.at)
Grabrelief des Caius Trebonius (O. Harl / lupa.at)

Grabrelief des Caius Trebonius (O. Harl / lupa.at)
Grabrelief des Caius Trebonius (O. Harl / lupa.at)


Die Provinz Noricum – Teil des Imperium Romanum

Bei dem regnum Noricum (lat. für Königreich Noricum) handelt es sich um eine Bezeichnung, die römische Autoren verwendeten, um ein Bündnis keltischer Stämme zu bezeichnen, dessen Vorherrschaft die Noriker innehatten – ein Stamm, der im Zentralkärntner Raum siedelte. Wann genau Noricum zu einer regulären römischen Provinz wurde, ist nicht bekannt. Vielleicht war es in der Regierungszeit des Kaisers Claudius (41–54 n. Chr.), vielleicht auch schon etwas früher. Von den Römern besetzt worden war es jedenfalls schon in der Zeit des Kaisers Augustus, zunächst bestand dann jedoch eine militärische Verwaltung mit dem Zentrum auf dem Magdalensberg in Kärnten. Die etwas später eingerichtete Provinz bestand aus den autonomen Städten (municipia) Iuvavum (Salzburg), Teurnia (St. Michael im Holz), Aguntum (bei Lienz, Osttirol), Solva (Wagna) sowie der Provinzhauptstadt Virunum (bei Maria Saal, Kärnten). Außerdem bestanden viele dorfartige Siedlungen (vici) und unzählige villae (Landhäuser und Gutshöfe) verschiedenster Größe.

Anmerkungen:
Sonja Jilek – Verena Gassner – Sabine Ladstätter, S. Jilek – V. Gassner – S. Ladstätter, Am Rande des Reiches : die Römer in Österreich, Österreichische Geschichte 15 v. Chr. - 378 n. Chr. = Erg.-Bd. 2., Wien 2002. Bernhard Hebert (Hrsg.), Urgeschichte und Römerzeit in der Steiermark, Geschichte der Steiermark Band 1, Wien 2015.
Provinz Noricum mit den wichtigsten kaiserzeitlichen Siedlungen (Entwurf: P. Scherrer; digitale Ausführung: M. Hofbauer)
Provinz Noricum mit den wichtigsten kaiserzeitlichen Siedlungen (Entwurf: P. Scherrer; digitale Ausführung: M. Hofbauer)


Flavia Solva – Die Stadt und ihr Umland

Flavia Solva wurde bereits unter Augustus als Händlersiedlung an der Mur angelegt, unter dem Kaiser Vespasian (um 70 n. CHr.) erhielt sie das Stadtrecht und wurde damit zu einer autonomen Stadt, die über ein großes Territorium verfügte. Verwaltet wurde sie von einem Gemeinderat, dem ordo decurionum, dem ein duumvir iure dicundo vorstand, was man mit Bürgermeister oder auch Bezirkshauptmann übersetzen könnte. Andere öffentliche Ämter in der Stadt wie das Ehrenamt des Aedilen, der sich um Erhaltung der öffentlichen Gebäude oder die Ausrichtung von Festen kümmerte, wurden von Angehörigen der Oberschicht bekleidet. Zur Stadt gehörte ein ausgedehntes Umland, das einen großen Teil der heutigen Steiermark umfasste, und in dem sich noch mehrere andere Siedlungen, sog. vici und Gutshöfe befanden. Straßen führten entlang der Hauptverkehrswege und waren mit Meilensteinen versehen, an denen Entfernungen zu den nächst größeren Städten abgelesen werden konnten. Genaue Grenzziehungen sind zumeist nicht bekannt und könnten auch immer wieder Veränderungen unterworfen gewesen sein. Südlich an das Stadtgebiet von Flavia Solva grenzte jedenfalls das Territorium von Celeia, im Westen das von Virunum, im Osten das Stadtgebiet von Savaria (das heutige Szombathely(HU) und im Südosten das von Poetovio (das heutige Ptuj/SLO).
Stadtplan von Flavia Solva (Karte: St. Karl)
Stadtplan von Flavia Solva (Karte: St. Karl)


Frauenberg - Siedlung und Heiligtum

Aufgrund seiner guten Lage auf einem Hügel, von dem aus man das Leibnitzer Becken und die wichtigen Verkehrswege gut überblicken konnte, wurde der Frauenberg schon in der Jungsteinzeit besiedelt. Funde aus der Urnenfelderzeit oder der Hallstattzeit zeigen, dass der Ort immer bewohnt wurde, etwas mehr Informationen liegen aber erst aus der keltischen Epoche, der Latènekultur, vor. In dieser Zeit dürfte der Berg zu einem Zentralort eines Stammes geworden sein, der den Tauriskern zuzurechnen ist. Die Münzprägung (Silber- und Goldmünzen), die Befestigungen (Erdwälle, die den Berg umgeben) und ein großes Heiligtum (auf einer Terrasse im Südosten) belegen diese besondere Bedeutung, die durch die Grabungsergebnisse der vielen Forschungsgrabungen und Notbergungen unterstrichen wird. Manche Funde aus der frühen Kaiserzeit lassen vermuten, dass Angehörige des Militärs hier kurzzeitig stationiert waren und den Ort kontrollierten. In dieser Zeit wurde das keltische Heiligtum verlassen und auf der 100 m höher gelegenen Kuppe ein Tempelbezirk angelegt. Mehrere Kultbauten wurden errichtet, wobei bis heute nicht klar ist, welche Göttinnen und Götter hier verehrt wurden. Sicher wurden Mercur und die Ammengöttinnen verehrt, vermutlich auch Mars Latobius, die Pferdegöttin Epona, möglicherweise Isis und eventuell wurde auch Kaiserkult gepflegt.