Im Jahr 2024 begannen Ausgrabungen im Westen des römischen Stadtgebietes. Dass sich das bebaute Areal so weit nach Westen erstreckt, war bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, die Funde, die auf eine gewerbliche Nutzung und die Verarbeitung von Eisenerz hindeuten, sind bemerkenswert. Die nähere Untersuchung einer Grabenanlage, des sogenannten Stadtgrabens, der das Stadtgebiet im Norden begrenzt, verspricht noch interessante Ergebnisse für die Geschichte der kaiserzeitlichen Stadt.
Die römische Stadt Flavia Solva im heutigen Wagna war eine erste Hauptstadt und erstes Verwaltungszentrum der Steiermark. In der römischen Kaiserzeit entwickelte sich hier eine Kultur, in die Elemente der einheimisch-keltischen Tradition einflossen sowie römisch-italische und orientalische Bestandteile. Gut ablesen lässt sich die Herausbildung und kulturelle Entwicklung einer Gesellschaft an den Bestattungssitten, und mit der Ausgrabung im Spitalsgelände in Wagna, die ASIST im Jahr 2010 begonnen und heuer abgeschlossen hat, konnten wir uns diesen Traditionen annähern.
Der geplante Zubau an das bestehende Krankenhaus war der Anlass der Grabung, die reich ausgestattete Gräber zu Tage förderte. Vor allem ein Grabbezirk einer wohlhabenden Familien war interessant: In einem ummauerten Geviert lag zentral ein runder Schacht, der sich nach unten birnenförmig erweiterte. Drei Bestattungen lagen darin, alle – wie in dieser Periode üblich – verbrannt und mit Urnen und weiteren reichen Grabbeigaben bestattet. Vor dem Schacht lag ein Fundament einer Grabstelle, daneben wurden noch zwei weitere Gräber entdeckt, die etwas später angelegt worden sein dürften.
Die Untersuchung der Grabbeigaben (Glasgefäße, Trachtbestandteile, Tafelgeschirr) sowie die anthropologische Bestimmung der Knochen helfen bei der Interpretation der Gräber. Hierbei zeichnet sich ein Bild ab, das zumindest für die frühe Kaiserzeit gegolten haben wird: Während Personen einheimischer Herkunft sich in Grabhügeln im Gräberfeld Atenmarkt - Leitring begraben ließen, war die Gräberstraße Spitalsgelände den wohlhabenden stark romanisierten oder auch zugewanderten Bewohnern Flavia Solvas vorbehalten. Die hier verlaufende Gräberstraße war von Grabbauten, Mausoleen, und Gräbergärten gesäumt, in denen unzähligen Marmorstelen und Altäre aufgestellt waren. Die Bearbeitung des Fundmaterials und der Befunde ist derzeit nach im Gange.